BETRIEBLICHES MOBILITÄTSMANAGEMENT

Herausforderungen für Beschäftigte und Betriebe

Was Energieeffizienz sowie Klimagas- und Luftschadstoffemissionen betrifft, sind die Herausforderungen im Berufs- und Geschäftsverkehr noch einmal größer als im restlichen Personenverkehr. Dies liegt vor allem daran, dass der Anteil des Pkw am Verkehrsaufkommen hier mit 65% deutlich höher ist als im Personenverkehr insgesamt (55%), die durchschnittliche Auslastung der Pkw mit 1,1 Personen hingegen niedriger (Personenverkehr insgesamt: 1,4 Personen). Dies führt zu spezifischen Belastungen auf vielen Ebenen: viele Beschäftigte leiden unter hohen Mobilitätskosten, Zeitverlust, Stress und Bewegungsmangel. Für zahlreiche Betriebe führt der hohe Pkw-Anteil u.a. zu einem großen Bedarf an teurem und knappem Parkraum, mangelnder Attraktivität als Arbeitgeber und erhöhten Gesundheitskosten, für Kommunen zu starken Luftschadstoff- und Lärmbelastungen.

    Exkurs: Mobilitätsmanagement des ACE

    Der ACE engagiert sich seit beinahe zwanzig Jahren für das Mobilitätsmanagement. In diesem Themenbereich hat sich der ACE eine große Expertise und ein umfangreiches Netzwerk aufgebaut. In der Fachwelt wie auch bei Betrieben und Kommunen ist der ACE anerkannter Partner rund um die Gestaltung einer nachhaltigen Mobilität.

    Von 2015 bis 2018 hat der ACE mit Zuwendung des Bundesumweltministeriums das Projekt „Gute Wege“ umgesetzt und in diesem Rahmen u.a. über 60 Mobilitätsaktionstage in Betrieben durchgeführt. Neben konkreten Beratungsleistungen und Potenzialanalysen für Betriebe unterstützt der ACE auch Kommunen und Regionen bei der Information, Motivation und Qualifizierung der lokalen bzw. regionalen Unternehmen im Bereich  des betrieblichen Mobilitätsmanagements.

    Neben technischen Verbesserungen – v.a. durch die Elektrifizierung der Antriebe – bietet die Verlagerung von Berufsverkehr auf effizientere Verkehrsmittel – Bus und Bahn, Fuß und Fahrrad, Fahrgemeinschaften – große Chancen zur Effizienzsteigerung. Konkret heißt das, dass die Beschäftigten ihre Verkehrsmittelwahl überdenken und bestenfalls ändern sollen. Sie sollten sich bewusst für ein Verkehrsmittel entscheiden. Dies erweist sich in der Praxis als äußerst schwierig, handelt es sich doch um ein stark eingeübtes Verhalten, das nur in geringem Maße auf rationalen, bewussten und spontanen Entscheidungen fußt. Mit dem betrieblichen Mobilitätsmanagement steht seit einigen Jahren ein Instrument zur Verfügung, das an diesem Punkt ansetzt und dem Ziel der Verkehrsverlagerung Rechnung trägt. Im Kern geht es um die Erkenntnis, dass sich die Verkehrsmittelwahl zwar kaum effektiv direkt adressieren lässt. Im Gegenteil: Nicht selten führen entsprechende Bemühungen zu Verweigerungs- und Abwehrreflexen der Zielgruppe. Mobilitätsverhalten spielt sich aber nicht im luftleeren Raum ab, sondern unter konkreten Rahmenbedingungen. Und diese Bedingungen lassen sich insbesondere durch lokale Akteure – private wie öffentliche Betriebe, Schulen und Universitäten, Kliniken etc. – wirkungsvoll optimieren. Sie können gezielt Alternativen zur Alleinfahrt mit dem Pkw attraktiver machen, Hemmnisse zu ihrer Nutzung abbauen und falsche Anreize zur Nutzung des Pkw reduzieren.

    Im Vordergrund stehen dabei Maßnahmen aus den Bereichen Information, Kommunikation, Koordination und Service. Das kann die zielgruppengerechtere und attraktivere Information über das ÖPNV-Angebot sein, aber auch die Beleuchtung oder die Schneeräumung des Weges zur nächsten Haltestelle. Daneben ist die Infrastruktur für Radfahrer am Betriebsstandort sowie an den Haltestellen entscheidend. Dazu zählen gute Fahrradabstellanlagen oder auch Umkleidemöglichkeiten am Betriebsstandort. Oft ist es ein Mix zahlreicher mitunter kleinteiliger Verbesserungen, der in Summe zu einem veränderten Bild der einzelnen Mobilitätsoptionen und im Ergebnis zu einer anderen Mobilitätskultur im Betrieb führt.

      Basierend auf den vielfältigen Mobilitätsbedürfnissen der Belegschaft sollten Maßnahmen und Ziele auf eine Verstetigung von nachhaltigerem Mobilitätsverhalten abzielen. Am Anfang sollte daher stets eine Analyse der Ausgangslage stehen. Sie liefert Anhaltspunkte für eine effektive und effiziente Auswahl, Ausgestaltung und Priorisierung der Handlungsfelder und Maßnahmen und erlaubt eine Abschätzung der Wirkungspotenziale des betrieblichen Mobilitätsmanagements.

      Bisherige Erfahrungen zeigen, dass ein Verlagerungspotenzial von 20% der Pkw-Fahrten realistisch ist. Dies bedeutet im Umkehrschluss auch, dass es für viele Beschäftigte vorerst keine attraktive Alternative zum Pkw gibt. Wesentlich für den Erfolg von betrieblichem Mobilitätsmanagement sind passgenaue Maßnahmen und Anreize sowie die Erkenntnis, dass der Erfolg von Maßnahmen auch Zeit benötigt.
       

      Der ACE fordert: In einer Zeit, in der die Verkehrswende fortgeschritten ist, soll(en)

      • es für Unternehmen ab 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtend sein, Mobilitätsmanagement durchzuführen;
      • Betriebe eine gute Infrastruktur und attraktive Unterstützungs-Angebote für Beschäftigte zur Verfügung stellen, die Bus und Bahn, Fahrrad und Pedelec, Fahrgemeinschaften oder Pkw mit alternativen Antrieben nutzen;
      • 10–20% der Pkw-Fahrten im Berufsverkehr auf effizientere Verkehrsmittel verlagert worden sein.

      Exkurs: Mobilitätsbudget

      Beim Mobilitätsbudget handelt es sich um ein flexibles Angebot von Unternehmen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, um sie bestmöglich in ihren Mobilitätsbedürfnissen zu unterstützen. Sie erhalten ein zuvor festgelegtes monatliches Budget, über das sie frei und flexibel verfügen können. Sie können dieses sowohl für Arbeitswege als auch in der Freizeit nutzen.

      Das beispielsweise über eine App verfügbare Budget kann sowohl für öffentliche Verkehrsmittel als auch für Carsharing, E-Bikes, oder sonstige Verkehrsmittel eingesetzt werden. Das Mobilitätsbudget sollte sich dabei auf nachhaltige Verkehrsmittel beschränken und bietet die Möglichkeit, alle vorhandenen Mobilitätsoptionen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzbar zu machen. Es setzt einen Anreiz für sie, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern und zunehmend multimodal und damit klimafreundlicher als allein in einem Pkw sitzend unterwegs zu sein.

      Das Mobilitätsbudget bietet auch die Möglichkeit, durch Incentivierung ausschließlich umweltfreundlicher Verkehrsmittel die Nutzung zu steuern. Dadurch kann oft auf einen Dienstwagen verzichtet werden und dies trägt zu einer besseren CO2 -Bilanz des Unternehmens bei. Auch CO2 -Ziele des Unternehmens können mit dem Budget besser gesteuert, und Jahr für Jahr sukzessive herunterfahren werden. Die Zeiten des Dienstwagens als Statussymbol gehen ohnehin langsam zu Ende. Heute stehen Flexibilität und Freiheit im Vordergrund. Durch die flexiblen Einsatzmöglichkeiten des Mobilitätsbudgets stellt dieses einen attraktiven Benefit für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dar, und passt damit besser zu den Lebensrealtäten aktueller Generationen als die einseitige Förderung von Dienstwagen oder Job Tickets. Die Attraktivität des Unternehmens im Wettbewerb um die besten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann damit gesteigert werden. Das Mobilitätbudget ist inklusiver als die reine Dienstwagenoption. Für Unternehmen sind die Mobilitätskosten damit leichter steuerbar und es fallen keine Unterhalts-, Stellplatz- und Wartungskosten von Fahrzeugen an. Es ist auch ohne Führerschein nutzbar und ermöglicht es auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mobil zu sein, die aus gesundheitlichen Gründen nicht Auto fahren können oder dürfen.

      Das Mobilitätsbudget ist allerdings kein Allheilmittel. Für Unternehmen, die überwiegend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Außendienst oder im ländlichen Raum beschäftigen, bietet der Dienstwagen oft noch mehr Flexibilität. Hingegen kann das Mobilitätsbudget in städtischen Ballungsräumen, wo der Dienstwagen eher ineffizient ist, alle seine Vorteile ausspielen. Grundsätzlich sollten sämtliche Hindernisse (z.B. Versteuerungsmodalitäten, digitale Verfügbarkeit der Dienste der Mobilitätsdienstleister) ausgeräumt werden, damit Unternehmen ihren Angestellten einfach ein Mobilitätsbudget als alternatives oder ergänzendes Angebot zur Verfügung stellen können. Die steuerliche Behandlung des Mobilitätsbudgets hängt von der Ausgestaltung des Budgets ab, sollte aber für Unternehmen und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglichst einfach gestaltet werden.