25.05.2023

Unfallflucht muss Straftat bleiben – Neubewertung von tätiger Reue

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Berlin (ACE) – In einer an das Bundesministerium der Justiz (BMJ) übersandten Stellungnahme fordert der ACE, Europas Mobilitätsbegleiter, Unfallflucht grundsätzlich weiterhin als Straftat zu bewerten. Gleichzeitig regt der ACE die Einrichtung einer Meldestelle an, um die Erfüllung der Meldepflicht und den reuigen Täterinnen und Tätern innerhalb von zwölf Stunden die nachträgliche Anzeige eines Unfalls ohne Personenschaden zu erleichtern. Eine solche Meldestelle könnte die bisher vorgeschriebene Wartepflicht ersetzen. Dies soll jedoch ausschließlich für Unfälle mit Sachschaden ohne Personenschaden gelten, sofern die Polizei den Unfallflüchtigen nicht bereits ermittelt hat, betont der ACE. Hintergrund der Forderung ist es, die Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen zu verbessern sowie die vom BMJ geplante Aktualisierung des Strafmilderungsgrundes der tätigen Reue an die alltägliche Nutzung von Smartphones und mobilem Internet mitzugestalten. Das BMJ hatte den Auto Club Europa im April 2023 zu der Stellungnahme eingeladen.

Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE Auto Club Europa, erklärt dazu: „Für den ACE steht fest: Unfallflucht ist keine Lappalie und muss eine Straftat bleiben. Eine pauschale Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit wäre das völlig falsche Zeichen an flüchtende Unfallbeteiligte und würde die Anstrengungen für mehr Verbraucherschutz konterkarieren. Der ACE spricht sich deshalb für eine Beibehaltung der bisherigen Einordnung als Straftat aus, regt jedoch eine Neubewertung der tätigen Reue an. Wir schlagen vor, für Unfälle mit reinem Sachschaden ohne Personenschaden, die in Abwesenheit eines weiteren Unfallbeteiligten geschehen, eine digitale Meldestelle einzurichten. Wird der materielle Schaden vom Verursachenden umgehend gemeldet, bedarf es keiner Wartepflicht und auch bei nachträglicher Meldung innerhalb von zwölf Stunden, ist aus unserer Sicht die Gewährung von Straffreiheit denkbar. Eine solche Regelung kann Anreiz sein, eine zunächst unterlassene Unfallmeldung umgehend nachzuholen und so dem oder der Geschädigten die Möglichkeit der Schadenerstattung zu geben.“

 

Juristische Begründung

Die Zahlen von Unfällen mit Fahrerflucht sind nach wie vor hoch. Die Behandlung der einfachen Unfallflucht als Straftat scheint kaum abschreckenden Charakter zu besitzen, obwohl das Strafmaß über die Jahre bereits deutlich angehoben wurde. Der eigentliche Zweck der Norm, nämlich, dass die Schädigenden den Unfall melden und so die Geschädigten in die Lage versetzen, Schadenersatz zu erhalten, konnte demnach durch die Strafbarkeit nicht erreicht werden. Es ist nicht zu erwarten, dass eine Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit positiven Einfluss auf das Meldeverhalten von Unfallbeteiligten hat. Der ACE ist daher der Auffassung, dass durch eine Straffreiheit bei tätiger Reue Anreize geschaffen werden, dass sich Täterinnen und Täter nach einem anfänglichen Fehlverhalten wieder rechtskonform verhalten. Dies vor allem, um dem oder der Geschädigten in die Position zu versetzen, den Schaden erstattet zu bekommen. Daher muss aus Sicht des ACE eine Regelung eingeführt werden, die eine Straffreiheit bei tätiger Reue gewährleistet, wenn der Verursachende nicht bis zu seiner Meldung auf anderer Art und Weise ermittelt werden konnte. Die Straffreiheit soll nur denjenigen zugutekommen, die sich aus freien Stücken heraus entscheiden, sich richtig zu verhalten. Sie soll explizit nicht dazu dienen, dass Tatverdächtige sich durch eine nachträgliche Meldung einer Bestrafung entziehen können.

Bei einer Online-Meldung wäre es möglich, Schadensbilder und Bilder von den beschädigten Fahrzeugen vorzunehmen. Es ist vorstellbar, dass die Online-Maske per Smartphone den Schädiger oder die Schädigerin durch die Meldung führt. Dort könnten mit dem Smartphone angefertigte Bilder des Schadens aus bestimmten Blickwinkeln hochgeladen werden. Bei einigen Carsharing-Anbietern ist dies bei Beginn und Ende der Miete heute bereits üblich. So kann bereits am Unfallort, auch in Abwesenheit des oder der Geschädigten, eine Art Beweissicherung erfolgen, so dass eine polizeiliche Unfallaufnahme nicht zwingend erforderlich ist. Dies führt schließlich nicht nur zu einer Vereinfachung für Geschädigte und Schädigende sondern auch zur Entlastung der Polizei. Bei Einrichtung einer derartigen Meldestelle, sollte beinahe jeder Verkehrsteilnehmende in der Lage sein, den Unfall sofort oder aber spätestens innerhalb von zwölf Stunden zu melden.

Aber es muss auch klar sein: Wird eine Person durch einen Unfall verletzt,ist eine Unfallflucht unentschuldbar. Das bedeutet, dass auch bei einer nachträglichen Meldung eine Straffreiheit nicht gerechtfertigt ist. Der Opferschutz steht ohne Vorbehalte vornan. Wer einen verletzten Menschen zurücklässt, ohne sich um die Person zu kümmern, überschreitet eine Hürde, dessen Unrechtsgehalt so gravierend ist, dass der Gedanke an eine Straffreiheit fern liegt.

Sollte die Entscheidung getroffen werden, die Unfallflucht generell zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen, so darf dies nicht dazu führen, dass dem Tatbestand seine abschreckende Wirkung genommen wird. Er muss weiterhin punktebewährt bleiben und auch ein Fahrverbot unterschiedlicher Länge in Abhängigkeit der Schwere der Tat ist aus Sicht des ACE sinnvoll. Allein diejenigen, die sich nach anfänglicher Flucht aufgrund eigener Entscheidung wieder rechtskonform verhalten und ihre Beteiligung an einem Unfall ohne Personenschaden innerhalb von zwölf Stunden nachträglich einräumen, sollen in den Genuss der Straffreiheit kommen. Die Strafbarkeit der Unfallflucht sollte demnach grundsätzlich beibehalten werden. Es wäre ansonsten zu befürchten, dass das Verlassen des Unfallortes, ohne zuvor den Pflichten eines Unfallbeteiligten nachzukommen, als tolerabel wahrgenommen wird.

 

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