27.01.2016

Goslar diskutiert über Alcolocks, Dashcams und MPU

Stuttgart / Goslar (ACE) 27. Januar 2016 – „Wer fährt, trinkt nicht und wer trinkt, fährt nicht", eigentlich könnte es ganz einfach sein. Doch rund um das Thema Alkohol am Steuer wird in Deutschland viel gestritten – auch vor Gericht.

Der 54. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar beschäftigt sich gleich in zwei Arbeitskreisen (AK I und AK II) mit dem Thema. In Arbeitskreis I regt der ACE an, die Promillemessung per Atemkontrolle auch im Strafverfahren  zuzulassen. Die heute oftmals notwendige richterliche Anordnung kann dann in den meisten Fällen entfallen, da keine Blutprobe notwendig ist. Das würde unter anderem Zeit sparen und den Aufwand reduzieren. In AK II macht sich der ACE dafür stark, den Grenzwert für die obligatorische medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) bundesweit auf 1,1 Promille herabzusetzen und Alcolock-Modellversuche  umzusetzen. Bezüglich der MPU gibt es bisher unterschiedliche Regelungen – laut ACE ein „absurdes Kuriosum", das zu innerdeutschem Führerscheintourismus führt.

Heiß her geht es voraussichtlich auch zum Thema Prozessdauer in AK IV: Bei Personenschäden müssen Geschädigte heute monate- oder gar jahrelang auf Schadensersatz warten. Sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hatte 2010 festgestellt, dass durch die überlange Verfahrensdauer in Deutschland permanent verfassungsmäßige Rechte der Bürger verletzt werden. Bei der Beschleunigung des Verkehrszivilprozesses sieht der ACE die Gutachter in der Pflicht.

Diskussionen um die Neuregelung des Mess- und Eichwesens finden in AK V statt. Aus Sicht des ACE hat der VW-Skandal im vergangenen Jahr deutlich gezeigt, dass der Staat sich bei der Einhaltung von Mess- und Grenzwerten nicht allein auf Hersteller und nichtstaatliche Prüfbehörden verlassen darf. „Zwar wird der Staat durch die Neuregelung im Mess- und Eichwesen  nicht aus seiner Verantwortung gelassen, tendenziell bedeutet sie aber mehr Markt und weniger Staat. Zu was das führen kann, hat der Abgasskandal deutlich gezeigt", sagte Matthias Knobloch, Abteilungsleiter Verkehrspolitik des ACE.

Der Dauerbrenner „Dashcam" wird in AK VI diskutiert. Unterschiedliche Rechtsprechung hat dazu geführt, dass für viele Autofahrer vollkommen unklar ist, ob sie Aufzeichnungen einer Dashcam vor Gericht verwenden dürfen oder nicht. In Nienburg hatte Anfang des Jahres das Amtsgericht eine anlassbezogene Aufnahme mit einer sogenannten Dashcam als Beweismittel zugelassen – in Heilbronn wurde die permanente Aufnahme untersagt. Aus Sicht des ACE ist diese Rechtsprechung völlig weltfremd: „Gerade in gefährlichen Situationen erfordert der Verkehr volle Aufmerksamkeit. Da gibt es Wichtigeres, als den Auslöser zu suchen", sagte Hannes Krämer, Verkehrsrechtsexperte des ACE. Aufgrund des schnellen technischen Fortschrittes ist es jetzt an der Zeit, einheitliche Regelungen zu treffen: „Da der Gebrauch solcher Dashcams immer das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt, muss es eine klare Regelung geben, wann der Opferschutz überwiegt und die Rechte der abgebildeten Personen diesem unterzuordnen sind", so Krämer weiter.

AK VII diskutiert das Fahrlehrerrecht. In dem von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) vorgestellten Gutachten zur Reform der Fahrlehrerausbildung sieht der ACE einen Schritt in die richtige Richtung: „Das von der BASt vorgestellte Reformmodell kann aus unserer Sicht dazu beitragen, die Fahrlehrerausbildung auf ein neues Niveau zu heben", heißt es in der Pressemitteilung. „Wichtig dafür ist aber auch, dass dieses Reformmodell jetzt schnell umgesetzt wird, weil es bekanntlich sehr lange dauert, bis die Veränderungen in der alltäglichen Fahrausbildung greifen."

In Goslar diskutieren bis Freitag über 1.500 Experten in acht Arbeitskreisen über aktuelle verkehrsrechtspolitische Themen und geben mit ihren Empfehlungen wichtige Impulse für den Gesetzgeber.

Die Stellungnahmen des ACE Auto Club Europa zu den Arbeitskreis-Themen des Verkehrsgerichtstages befinden sich hier.

 

Der ACE Auto Club Europa ist Mitglied im Verbund Europäischer Automobilclubs (EAC), www.eac-web.eu