Tempo 130 auf Autobahnen, einkommensabhängige Tagessätze bei Bußgeldern, Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur, Respekt und Rücksichtnahme
Berlin / Goslar (ACE) – Die Mobilitätsbedürfnisse und der Verkehrsmittelmix sind im Wandel. Alternative Antriebe erobern Marktanteile, Menschen nutzen wechselnde Verkehrsmittel, um mobil zu sein. Zu den rechtlichen und strukturellen Herausforderungen bezieht der ACE, Deutschlands zweitgrößter Autoclub, auf dem 58. Verkehrsgerichtstag (VGT) in Goslar klar Stellung.
AK III Aggressivität im Straßenverkehr – Prävention und Repression
Die Straßen werden immer voller, Stress und Zeitdruck nehmen stetig zu. Aggressivität als Reaktion ist jedoch inakzeptabel und keine angemessene Reaktion darauf. Der begrenzte öffentliche Raum ist für alle Verkehrsteilnehmenden sicher zu gestalten. Die Vision Zero darf nicht mehr als eine unerreichbare Vision belächelt werden. Der ACE fordert demnach in seiner Stellungnahme für den AK III Politik und Gesetzgeber auf, ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen einzuführen. Stefan Heimlich, Vorsitzender des ACE macht deutlich: „Wir fordern die Einführung von Tempo 130 km/h auf deutschen Autobahnen. Das bringt mehr Verkehrssicherheit und verbessert zusätzlich den Verkehrsfluss. Politik und Gesetzgeber haben die Chance, das jetzt umzusetzen. Wir erwarten, dass den Lippenbekenntnissen Taten folgen. Fakten und Erkenntnisse haben wir. Die Lösung ist klar, jetzt muss gehandelt werden.“
Bei massiver Geschwindigkeitsüberschreitung müssen massive Sanktionsmaßnahmen die Folge sein. Dazu ist eine nach Einkommen gestaffelte Anhebung der Bußgelder sowie die Verschärfung des Punktekatalogs anzupacken. Abseits einer politischen Debatte wünscht sich der ACE einen Mentalitätswechsel bei allen Verkehrsteilnehmenden. Der ACE ruft zu mehr Respekt und gegenseitiger Rücksichtnahme auf, um Konflikte, gefährliche Situationen und Verkehrsunfälle zu vermeiden. Schwächeren Verkehrsteilnehmenden wie Kinder, Senioren oder mobiltätseingeschränkten Menschen ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
AK IV Praxistauglichkeit des Bußgeldverfahrens – Akteneinsichtsrecht, Zwischenverfahren, Verjährung
Verkehrsverstöße sind Massendelikte, die effizient und effektiv verfolgt und bearbeitet werden müssen. Ereignisnahe Sanktionen bei Fehlverhalten erhöhen die Chance auf Einsicht und reduzieren die Wiederholungsrate. Nebeneffekt: Durch die steigende Akzeptanz dürften auch weniger Rechtsmittel eingelegt werden. Hannes Krämer, Justitiar des ACE, empfiehlt: „Zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren, den Verzicht auf das sog. Zwischenverfahren zu erwägen und direkt von der Bußgeldstelle an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Es erscheint fraglich, warum drei Behörden in der Prüfung des Sachverhaltes involviert sein müssen.“ In Deutschland gibt es über 630 Amtsgerichte die sich als zuständige Gerichte nach § 68 OWiG auch mit den Einsprüchen gegen Bußgeldbescheide befassen müssen. Nicht selten kommt es vor, dass ähnliche Verfahren unterschiedlich behandelt werden. Im Sinne des Vertrauens auf die Gerechtigkeit der Gerichte ist dies unbedingt zu vermeiden. Als möglichen Lösungsansatz nennt der ACE die Einrichtung sog. Schwerpunktgerichte, in denen spezialisierte Richterinnen und Richter in verschiedensten Bereichen ähnlich gelagerte und entsprechend spezialisierte Sachverhalte verhandeln. Verfahren könnten so schneller, effizienter und vor allem gerechter durchgeführt werden
AK V – Elektrokleinstfahrzeuge: Verkehrssicherheit, Verteilungskampf, Auslandserfahrungen
Elektrokleinstfahrzeuge (EKF) gehören seit Frühjahr 2019 zum selbstverständlichen Straßenbild in Deutschland. Die Auswirkungen, die mit der Einführung der E-Scooter verbunden sind, werden erst nach und nach sichtbar. Nach Ansicht des ACE ist es geboten, ein Jahr nach Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV) im Sommer 2020 mittels einer wissenschaftlichen Evaluation zu prüfen, wie sich die Umsetzung der eKFV in der Praxis gestaltet. Die Existenz von Elektrokleinstfahrzeugen darf nicht dazu führen, dass darunter die Verkehrssicherheit leidet, so der ACE. Es ist laut ACE deshalb erforderlich, Fahrtrichtungsanzeiger an der höchsten Stelle der Lenkstange von E-Scootern anzubringen. Zur Prävention respektive Eindämmung von Verteilungskonflikten im Straßenraum und der dringend gebotenen Erhöhung der Verkehrssicherheit fordert der ACE einen massiven und schnellen Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur. Der ACE bekennt sich weiterhin zur Vision Zero.
AK VI Fahranfänger – neue Wege zur Fahrkompetenz: Nichtbestehensquote, Maßnahmenkonzepte für Fahranfänger
Immer mehr Fahrlernende fallen durch die theoretische und praktische Fahrprüfung. Junge Fahrende mit wenig Fahrerfahrung gehören zudem seit Jahren zu einer Hochrisikogruppe, die durch riskantes Verhalten und durch eine hohe Beteiligung an Verkehrsunfällen im Fokus stehen. Was sind die Ursachen? Welche Abhilfemöglichkeiten gibt es? Der ACE hält es für wesentlich die Fahrausbildung nach dem Erwerb des Führerscheins nicht enden zu lassen, sondern zu einem ganzheitlichen „System der Begleitung von Fahrbeginnenden“ weiterzuentwickeln. In diesem System sieht der ACE erzieherische Maßnahmen als Chance für Fahrunerfahrene, ihren Fahrkompetenzerwerb nach dem Beginn des selbstständigen Fahrens zielgerichtet fortzuführen und zu ergänzen. Wirkungsvoll können Feedbackfahrten sein, das bedeutet zwei Fahrten im Realverkehr, begleitet von einem geschulten und fahrerfahrenen Kursteilnehmenden. Ergänzend dazu wären Fahrdemonstrationen und -erfahrungen sowie Gruppengespräche laut ACE probate edukative Mittel.
Die vollständigen Stellungnahmen des ACE Auto Club Europa zu den Arbeitskreis-Themen III, IV, V und VI des Verkehrsgerichtstages 2020 finden Sie unter:
https://presse.ace.de/verkehrspolitik/informationen-veranstaltungen/verkehrsgerichtstag
Über den ACE Auto Club Europa e.V.:
Der ACE Auto Club Europa ist Mobilitätsbegleiter aller modernen mobilen Menschen. Wir bieten unseren über 630.000 Mitgliedern klare Orientierung, sichere Hilfe und zuverlässige Lösungen. Die Kernthemen des Clubs sind die klassische Unfall- und Pannenhilfe sowie Verkehrssicherheit, Elektromobilität, neue Mobilitätsformen und Verbraucherschutz.
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Rufbereitschaft während des Verkehrsgerichtstages 2020: Sören Heinze (Pressesprecher, mobil: 0151-15696824)