28.08.2024

Ampel-Check: Verkehrspolitik weiterhin nur „ausreichend“

Rund ein Jahr vor der Bundestagswahl gibt es immer noch viel zu tun.

Schiene, E-Auto und Fahrrad: Umfangreiche To-do-Liste bis zur Bundestagswahl 2025

 

Berlin (ACE) – Rund  ein Jahr vor der Bundestagswahl sind zahlreiche verkehrspolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag noch nicht umgesetzt. Zu diesem Ergebnis kommen Allianz pro Schiene, Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC) und ACE Auto Club Europa bei ihrem zweiten Ampel-Check Verkehrspolitik. Seit dem vergangenen Sommer sei die Ampel nur langsam vorangekommen mit der Umsetzung ihres Koalitionsvertrages. In Schulnoten ausgedrückt, stellen die Verbände der Bundesregierung statt einer glatten Note 4 wie im vergangenen Jahr nun eine 4+ aus („ausreichend“). Mit Blick auf die Bundestagswahl im September 2025 fordert das Bündnis von der Ampel einen ehrgeizigen verkehrspolitischen Endspurt.

Während die kürzlich verabschiedete Novelle des Bundesschienenwegeausbaugesetzes und auch des Straßenverkehrsgesetzes spürbare Fortschritte beinhalten, sieht es mit der Umsetzung der Vision Zero im Straßenverkehr und beim Hochlauf der Elektromobilität eher düster aus. Insgesamt bleibt viel zu tun, um die verkehrspolitischen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen (hier geht es zu den ausführlichen Ergebnissen und Bewertungen des Ampel-Checks).

 

Schiene / ÖPNV

Die Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen Maßnahmen für den Schienenverkehr in Deutschland bewerten die drei Verbände insgesamt mit der Note 3. Positiv schneiden vor allem das Deutschlandticket, die massiv aufgestockten Schieneninvestitionen sowie die veränderte Einnahmenverteilung der Lkw-Maut ab, von der die Verkehrswende profitiert. Schlecht steht es um die Erweiterung des Streckennetzes und die Elektrifizierung der Schiene – in beiden Fällen geht es kaum voran (zweimal Note 5).

„Auf der Habenseite steht, dass die Bundesregierung wie versprochen eine Beschleunigungskommission Schiene eingesetzt hat, die bereits Ende 2022 konkrete Empfehlungen für schnelleren Fortschritt auf der Schiene vorgelegt hat. Bislang wurde allerdings nur ein kleiner Teil des Gesamtpakets umgesetzt“, kritisiert der Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, Dirk Flege. „Wir warten weiterhin auf das schon lange angekündigte Moderne-Schiene-Gesetz, das wesentliche Vorschläge der Kommission umsetzen soll. Damit könnte dann unter anderem auch die schleppende Elektrifizierung beschleunigt werden.“ Ähnlich sehe es bei dem zentralen Vorhaben der Ampel aus, die Eisenbahninfrastruktur zukünftig am Gemeinwohl auszurichten. Flege: „Das Versprechen einer neuen gemeinwohlorientierten Infrastruktursparte der Deutschen Bahn wurde mit der Gründung der DB InfraGO AG bisher nur organisatorisch eingelöst. Es fehlt allerdings noch die zugehörige Leitstrategie des Bundes mit konkreten Zielvorgaben für die neue Infrastrukturgesellschaft. Hier muss die Ampel in der verbleibenden Zeit Klarheit und Verbindlichkeit schaffen, sonst bleibt diese wichtige Reform unvollendet.“

 

Radverkehr

Beim Thema Radverkehr bekommt die Ampel-Regierung von den Verbänden wie schon im vergangenen Jahr die Gesamtnote 4. „Beim Radverkehr tritt die Bundesregierung weitestgehend auf der Stelle“, sagt Caroline Lodemann, Bundesgeschäftsführerin beim Fahrradclub ADFC. Zwar sei es gelungen, eine Novelle des zuvor zu stark auf Autoverkehr ausgerichteten Straßenverkehrsgesetzes zu verabschieden und den Bau von Radwegen zu erleichtern. Insgesamt fehle jedoch ein klares Bekenntnis zur Vision Zero wie es im Koalitionsvertrag versprochen wurde. „Die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Radfahrerinnen und Radfahrer ist zwischen 2010 und 2023 um 17 Prozent gestiegen; ähnlich ist die Entwicklung bei den Fußgängern. Hier wünschen wir uns Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in den Kommunen. Bislang haben wir noch immer einen Flickenteppich.“

Der Radverkehr in Deutschland müsse endlich attraktiver und sicherer werden. „Dazu brauchen wir ein verbindliches Konzept, wie der Nationale Radverkehrsplan bis 2030 umgesetzt und wie er finanziert werden soll“, fordert Lodemann.

 

E-Autos

Auch was den Ausbau der Infrastruktur für E-Autos angeht, schneidet die Koalition in der Bewertung der drei Verbände schlecht ab: unverändert mit der Note 4. „Mit dem Masterplan Ladeinfrastruktur hat die Bundesregierung zwar eine gute Grundlage geschaffen, um das Laden von E-Autos im ganzen Land zu erleichtern“, sagt ACE-Vorsitzender Stefan Heimlich. „Waren vor einem Jahr lediglich 19 der 68 Maßnahmen   vollständig umgesetzt, sind wir inzwischen bei 33 umgesetzten Maßnahmen. Das ist in jedem Fall ein Fortschritt.“

Doch während sich die Zahl der Ladestationen immerhin befriedigend entwickelt (Verbesserung auf Teilnote 3), steht die Bundesregierung bei der Dekarbonisierung des Verkehrs noch ganz am Anfang (Note 5). Stefan Heimlich sieht den Hochlauf der E-Mobilität gefährdet: „Vom Versprechen im Koalitionsvertrag, Deutschland zum Leitmarkt für Elektromobilität zu machen, sind wir immer noch meilenweit entfernt. Von dem Ziel, bis 2030 in Deutschland 15 Millionen vollelektrische Pkw auf die Straße zu bringen, sind gerade einmal 10 Prozent erfüllt. Um diese Zielmarke noch annährend zu erreichen, muss die Bundesregierung jetzt dringend Maßnahmen ergreifen: Es braucht unter anderem Klarheit über den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine Reform der Dienstwagenbesteuerung.“

 

Bündnis fordert verkehrspolitischen Endspurt

Die Ampel-Koalition sollte nach Ansicht der Verbände das letzte Jahr der Legislaturperiode nutzen, um die noch offenen Punkte der eigenen verkehrspolitischen Agenda entschlossen anzugehen; die angespannte Haushaltslage darf dabei kein Hindernis sein. Im Koalitionsvertrag hat sich die Regierung ausdrücklich vorgenommen, zusätzliche Haushaltsspielräume zu gewinnen, indem umwelt- und klimaschädliche Subventionen abgebaut werden.

Dirk Flege im Namen des Bündnisses: „Hier ist die Koalition bislang größtenteils untätig geblieben. Dabei ist das Potenzial gerade im Verkehr enorm. Mit einem Einstieg in den Abbau umwelt- und klimaschädlicher Subventionen würden zusätzliche Investitionen in die Mobilität von morgen ermöglicht. Das wäre eine Win-win-Situation: Nicht nur der Haushalt profitiert, sondern auch Klima und Verkehrswende.“

 

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