Berlin (ACE) – Erst im März stärkte der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit seinem Urteil im Rahmen des Abgasskandals die Rechte von Verbraucherinnen und Verbrauchern in ganz Europa. Seitdem müssen Betroffene nicht länger vorsätzliches Handeln der Hersteller nachweisen – was in der Praxis kaum möglich war. Für Schadensersatzansprüche aufgrund von Abgasmanipulationen genügt seit März bereits fahrlässiges Handeln seitens der Hersteller. Gestern hat nun der Bundesgerichtshof (BGH) darüber verhandelt, wie dieses EuGH-Urteil mit dem deutschen Recht vereinbar ist. Der ACE, Europas Mobilitätsbegleiter, fordert vom BGH Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur mit einem „mittleren Schadensersatz” abzuspeisen.
Schadensersatz wahrscheinlich, Abwicklung noch offen
Nach den stundenlangen Verhandlungen vor dem BGH ist klar: Dieselfahrerinnen und -fahrer, die von Abgasmanipulationen an ihren Fahrzeugen betroffen sind, können offenbar mit Schadensersatz rechnen. Unklar ist zurzeit aber noch, welche Voraussetzungen dafür erfüllt werden müssen und wie der Schadensersatz aussehen wird. Im Laufe der gestrigen Verhandlungen wurde deutlich, dass der BGH bei einer fahrlässigen Schädigung keinen Anspruch auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags sieht. Käuferinnen und Käufer hätten demzufolge nicht die Möglichkeit, ihr manipuliertes Fahrzeug gegen Erstattung des vollen Kaufpreises unter Anrechnung der zurückgelegten Kilometer zurückzugeben. Wahrscheinlicher ist eine Art „mittlerer Schadensersatz“, bei dem ein Minderwert gezahlt wird, mit dem der entstandene Vertrauensschaden abgegolten werden soll. Diese Minderung setzt sich aus dem Differenzbetrag zwischen einem funktionsfähigen und einem Auto mit unzulässiger Abgasreinigung zusammen. Unklar ist allerdings, wie genau dieser Betrag berechnet werden soll, da ein solches Vorgehen in der deutschen Rechtsprechung bisher nicht existiert und die Erklärungen des Gerichts wenig praktikabel klingen.
Für die genaue Klärung ist die Urteilsverkündung in den drei Musterfällen zu Fahrzeugen von Mercedes (Aktenzeichen VIa ZR 103/22), Audi (Aktenzeichen VIa ZR 533/21) und Volkswagen (Aktenzeichen ZR 335/21) abzuwarten. Das Urteil wird für den 26. Juni 2023 erwartet.
Ein Widerruf der Typengenehmigung ist nach wie vor eine reale Gefahr. Vor allem vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 20. Februar 2023 (Aktenzeichen 3 A 113/18). Bereits dort hat das Gericht nicht die Notwendigkeit eines Thermofensters zur Abwehr von Motorschäden und daher einen Widerspruch gegen europarechtliche Genehmigungsvorschriften gesehen. Demnach hätte eine Typengenehmigung zumindest von Fahrzeugen mit dem Motor EA189 von VW vom KBA nicht vergeben werden dürfen. Ähnliche Thermofenster scheinen auch bei anderen Herstellern integriert worden zu sein.
Der ACE sieht diese Vorgehensweise kritisch: Käuferinnen und Käufer, die unwissentlich getäuscht wurden und ein manipuliertes Fahrzeug erworben haben, sollten selbst frei wählen können, welche Form des Schadensersatzes sie wünschen. Nicht alle werden eine Rückabwicklung ihres Kaufvertrags fordern, aber die Möglichkeit dazu muss im Sinne des Verbraucherschutzes zumindest gegeben sein.
Weiterführende Informationen
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