Berlin (ACE) –Die Bundesregierung ist 100 Tage im Amt – für den ACE Auto Club Europa ein Anlass, eine erste verkehrspolitische Zwischenbilanz zu ziehen. Einige Ankündigungen und Maßnahmen im Bereich Verkehr und Mobilität bewertet der Club positiv, insgesamt bleibt der verkehrspolitische Aufbruch jedoch aus. Viele zentrale Forderungen des ACE wurden bisher nur unzureichend aufgegriffen.
Führerschein: Fokus auf Bezahlbarkeit und Qualität
Ein erster positiver Schritt ist die Einberufung des Stakeholder-Dialogs „Bezahlbarer Führerschein“ durch das Bundesverkehrsministerium. Damit greift Minister Schnieder ein wichtiges Vorhaben des Koalitionsvertrages auf. Doch Dialog allein reicht nicht aus – es müssen konkrete Maßnahmen folgen, damit die Kosten für die Fahrerlaubnis nicht weiter steigen und die Ausbildung zukunftsfähig gestaltet wird.
Der ACE fordert eine Überarbeitung der Fahrausbildungsordnung sowie die Integration digitaler Lernangebote, um die Ausbildung zu modernisieren. Zugleich müssen Fahrschülerinnen und Fahrschüler besser vor unseriösen Anbietern geschützt werden, indem die Veröffentlichung von Erfolgsquoten einzelner Fahrschulen für mehr Transparenz sorgt. Außerdem braucht es wirksame Maßnahmen gegen den zunehmenden Fahrlehrermangel, um die Qualität zu sichern und Preissteigerungen zu verhindern.
Sondervermögen darf kein Etikettenschwindel sein
Die Einrichtung eines Sondervermögens für Verkehrsinfrastruktur wird vom ACE grundsätzlich begrüßt. Es kann Planungssicherheit schaffen und die Sanierung dringend benötigter Infrastruktur – insbesondere von Brücken, Straßen und Schienen – beschleunigen. Aus Sicht des ACE dürfen die Mittel jedoch nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden. Priorität muss die Bestandssanierung haben – besonders die Sanierung maroder Brücken ist ein gewaltiges Infrastrukturprojekt, das seit Jahrzehnten vernachlässigt wurde.
Kritisch sieht der ACE allerdings, dass reguläre Haushaltsmittel durch das Sondervermögen ersetzt werden. Statt echten Mehreinnahmen für die Infrastruktur droht lediglich eine Umschichtung. Das Versprechen zusätzlicher Mittel wird so nicht erfüllt. Auch für den Haushalt 2026 zeichnet sich diese Tendenz bereits ab.
E-Mobilität für alle ermöglichen – nicht nur für Besserverdienende
Der ACE setzt sich dafür ein, dass Elektromobilität für alle Bevölkerungsschichten bezahlbar wird, jedoch bleibt die Bundesregierung hier bislang mit ihren Vorhaben beziehungsweise Gesetzesinitiativen hinter den Erwartungen zurück. Es fehlt eine gezielte Förderung für Haushalte mit niedrigerem Einkommen, etwa in Form einer sozial gestaffelten Kaufprämie oder einem sozial ausgestalteten Leasingmodell.
Während Unternehmen von steuerlichen Vergünstigungen für hochpreisige E-Dienstwagen profitieren, wird der Zugang zu alltagstauglichen E-Autos für Privatpersonen mit kleinem Budget nicht ausreichend unterstützt. Der ACE fordert: Elektromobilität muss für alle zugänglich werden – nicht nur für wenige.
Deutschlandticket braucht Zukunftssicherheit und Ausbau des ÖPNV
Das Bekenntnis zum Erhalt des Deutschlandtickets ist ein wichtiges Signal. Doch die unklare Zukunft des Tickets ab 2026 verunsichert die Menschen und bremst den nötigen verstärkten Umstieg auf Bus und Bahn aus. Bund und Länder müssen zügig klären, wie es weitergeht – vor allem finanziell.
Gleichzeitig gilt: Auf die Tarifrevolution muss die Angebotsrevolution folgen. In vielen ländlichen Regionen mangelt es weiterhin an attraktiven ÖPNV-Angeboten. Ohne flächendeckende, zuverlässige Verbindungen bleibt das Deutschlandticket für viele Menschen unbrauchbar.
Vision Zero braucht konkrete Maßnahmen
Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag zur Vision Zero bekannt, die das Ziel hat, die Zahl der Verkehrstoten langfristig auf null zu senken. Doch bislang fehlen konkrete Schritte. Wer dieses Ziel ernst nimmt, muss mehr tun: Verkehrssicherheitskampagnen, Präventionsmaßnahmen und effektive Kontrollen gehören ebenso dazu wie strengere Sanktionen bei Fehlverhalten im Straßenverkehr.
Tempolimit ist nicht „überflüssig“
Die frühzeitige Absage von Minister Schnieder, ein Tempolimit auf Autobahnen einzuführen, bewertet der ACE kritisch. Studien zeigen: Strecken mit Tempolimit sind sicherer. Weniger starke Geschwindigkeitsdifferenzen führen zu weniger Staus, harmonischerem Verkehrsfluss und mehr Sicherheit. Ein generelles Tempolimit wäre ein einfacher, kostengünstiger und wirksamer Beitrag zur Verkehrssicherheit und zur Erreichung der Vision Zero. Daher setzt sich der ACE auch weiterhin dafür ein, dass auf bundesdeutschen Autobahnen ein Tempolimit von 130 km/h eingeführt wird.
Verkehrswende bleibt aus – insbesondere beim Fuß- und Radverkehr
Auch nach 100 Tagen im Amt ist kein klarer Aufbruch in Richtung Verkehrswende erkennbar. Maßnahmen zur Förderung des Bahn-, Rad- und Fußverkehrs fehlen bislang oder wirken punktuell und unkoordiniert. Besonders enttäuscht der Stillstand beim Fußverkehr, denn statt endlich einen eigenständigen Nationalen Fußverkehrsplan aufzulegen, setzt die Bundesregierung lediglich auf das Abwarten und Beobachten der bestehenden Fußverkehrsstrategie. Ein umfassendes Gesamtkonzept für eine klimagerechte und zukunftsfähige Mobilität ist nicht in Sicht. Im Bereich des Radverkehrs bleiben konkrete Fortschritte bisher ebenfalls aus, obwohl Minister Schnieder zu Beginn seiner Amtszeit angekündigt hatte, diesen Bereich zur „Chefsache“ zu machen. Der ACE erwartet hier in den kommenden Monaten deutliche Impulse.
Sven-Peter Rudolph, Vorsitzender des ACE, bilanziert:
„Die ersten 100 Tage zeigen: Einzelne Schritte gehen in die richtige Richtung – etwa beim Führerschein oder der Nutzung des Sondervermögens. Für eine echte Verkehrswende braucht es jedoch eine klare Strategie, Mut zu Entscheidungen und vor allem den politischen Willen, Mobilität nachhaltig, sicher und bezahlbar für alle zu gestalten. Wir sind zuversichtlich, dass die Bundesregierung in den kommenden Monaten wegweisende Maßnahmen in Angriff nimmt, um dieses Ziel zu erreichen.“
Weitere Informationen:
>> Koalitionsvertrag verpflichtet: Deutschlandticket nicht gefährden
>> Neue Studie zeigt, wie E-Mobilität sozial- und klimaverträglich gelingt
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