11.01.2018

Erste Städte wehren sich gegen Leihfahrrad-Chaos

Nachdem immer mehr Anbieter Leihfahrräder in Städten aufstellen, gibt es Kritik daran, dass sie den öffentlichen Raum blockieren und nur selten genutzt werden. Die Politik und erste Anbieter reagieren mit neuen Regelungen. Sie sind allerdings unverbindlich und lassen grundsätzliche Probleme außer Acht.


Am Anfang waren es blaue und silberne Räder, in den letzten Monaten sind orange, gelbe und rote Fahrräder dazugekommen. Der Markt an Mietfahrrädern in deutschen Städten wächst rasant und wird dabei nicht nur immer bunter, sondern auch immer chaotischer. Nachdem in den letzten Monaten viele kritische Stimmen aus München zu hören waren, wo der Anbieter Obike 7000 Fahrräder im Stadtgebiet verteilte, steigt nun auch der Leidensdruck in Frankfurt und Berlin, da auch dort immer mehr Leihfahrräder aufgestellt werden.

 

Neue Leihfahrräder stehen oftmals im Weg

 

Das Problem besteht darin, dass Bewohner und Besucher die Fahrräder nur selten ausleihen und sie die meisten Zeit auf Gehwegen, auf Plätzen oder in Parks herumstehen oder –liegen. So funktionieren die hauptsächlich aus Asien stammenden neuen Angebote nach dem Free-Floating-Prinzip. Die Räder haben keine festen Stationen und sind beliebig innerhalb des jeweiligen Geschäftsgebiets verteilt. Im Gegensatz dazu stehen die Leih-Fahrräder der Deutschen Bahn und von Nextbike, die es schon länger gibt und die zum Teil auch öffentliche Fördergelder erhalten, meist an festen Stationen. Auch werden sie im Gegensatz zu den asiatischen Rädern schneller repariert, wenn sie kaputt sind. Zu viele Räder, zu geringe Nutzung und schlechter Service sind also der Grund für die Unzufriedenheit mit den neuen Leihrädern.

 

Erfolglose Klage Hamburgs

 

Das lässt die Frage aufkommen, warum die Städte, die bereits ein oder zwei Leihfahrradsystem haben, überhaupt weitere Anbieter zulassen. Tatsächlich ist hier keine Zustimmung der Politik nötig, was ein Gerichtsurteil von 2010 bestätigt. Nextbike hatte damals eine Ausschreibung in Hamburg verloren und dennoch seine Räder aufgestellt. Die Klage der Hansestadt gegen dieses Vorgehen blieb erfolglos.

 

Empfehlungen statt Verbote

 

Ähnlich schwer tun sich die Kommunen mit ihrer Reaktion auf die aktuellen Probleme: Das Frankfurter Verkehrsdezernat hat vor kurzem ein Merkblatt veröffentlicht, in dem es die Bike-Sharing-Anbieter auffordert, Fuß- und Radwege sowie Ein- und Ausfahrten von ihren Rädern freizuhalten. Die Nutzer werden angehalten, die Räder weder in Parks noch an öffentlichen Fahrradständern abzustellen. Rechtlich verbindlich sind die Vorgaben allerdings nicht. In Berlin fordern die Behörden Genehmigungen zur „Sondernutzung des Straßenlandes“, sollte es zur Häufung von Fahrrädern eines Anbieters an einer Stelle kommen. Einige Kommunen erwägen in solchen Fällen das kostenpflichtige Abschleppen der Räder.

 

Leihrad-Anbieter reagiert

 

Auch wenn es keine zwingenden Vorgaben gibt und noch keine Räder von den Städten entfernt wurden, reagiert  Obike auf die politische und mediale Kritik: Sie stimmten den Start ihrer Verleihsysteme in Frankfurt und Berlin besser mit den Behörden ab als in München und starteten mit einer kleineren Zahl von Rädern, um diese regelmäßig warten und verteilen zu können. Für ihre Kunden gibt es jetzt finanzielle Anreize, die Fahrräder richtig abzustellen oder defekte Räder zu melden. Ob auch weitere Fahrradanbieter reagieren, ist offen.

 

Grundlegende Probleme ungelöst

 

Außerdem bleibt das Problem zu geringer Nutzungszahlen bestehen, bis sich erste Anbieter wieder vom Markt zurückziehen und eine bessere Anbindung an den Nahverkehr gelingt. Während beispielsweise in Berlin ein Leihrad im Schnitt nur einmal pro Tag bewegt wird, kommt Hamburg auf zehn Fahrten pro Rad und Tag. Inhaber von Dauerkarten für den Nahverkehr radeln hier die erste halbe Stunde kostenlos.