21.01.2020

Logistik in der Wachstumsfalle?

© pexels.com

Dank Wirtschaftswachstum und Onlinehandel boomt die Logistikbranche. Die häufig außerhalb von Großstädten angesiedelten Logistikzentren liegen zwar verkehrsgünstig für Lkws, sind für viele Mitarbeiter und potentielle Arbeitskräfte aber schwer zu erreichen. Mobilitätsmanagement kann hier Abhilfe schaffen.


Seit Jahren wächst die Logistikbranche in Deutschland. Das ist nicht nur an mehr LKWs auf den Straßen und immer mehr Paketsendungen zu erkennen, sondern auch am Bau neuer Logistikzentren und Speditionen – bevorzugt außerhalb großer Städte, wo die Verkehrsanbindung gut, Gewerbeflächen günstig und Auftraggeber bzw. Kunden nicht allzu weit entfernt sind. 2018 wurden in Deutschland laut Immobilienwirtschaft über sieben Milliarden Euro in neue Logistikanlagen investiert.


Gewerbegebiete für Beschäftigte häufig schwer zu erreichen


Auch wenn die Automatisierung voranschreitet, benötigen die Betriebe viel Personal. In größeren Logistikzentren arbeiten hunderte, zum Teil tausende Mitarbeiter. Die Personalgewinnung wird dabei zunehmend schwierig. Die Löhne in der Branche sind eher niedrig und aufgrund der guten Wirtschaftslage gibt es starke Konkurrenz um Arbeitskräfte. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Gewerbegebiete für Beschäftigte nur mit dem Auto und erheblichem Zeitaufwand zu erreichen sind. Aber warum sollte jemand, der in einer Großstadt wohnt, jeden Tag mühsam raus aufs Land fahren, um dort zu arbeiten, wenn er sich auch für einen innenstadtnahen Arbeitsplatz entscheiden kann? Und warum sollte sich ein Bewerber ohne Auto für einen Arbeitsplatz entscheiden, für den er sich trotz geringem Lohn erst einmal ein Auto kaufen müsste?


Mobilitätsmanagement kann Abhilfe schaffen


Für Bewerber wie für Beschäftigte wäre es in der Folge attraktiver, wenn die Logistikstandorte auch mit anderen Verkehrsmitteln erreicht werden könnten. Hier kann Mobilitätsmanagement helfen, vorhandene Alternativen zu ermitteln, zu verbessern und zu bewerben. So haben Gewerbegebiete zum Teil einen Güterbahnanschluss, der nächste Personenbahnhof ist aber mehrere Kilometer entfernt. Oder es gibt zu wenig Radwege und eine schlechte Beleuchtung, was angesichts des starken LKW-Verkehrs verhindert, dass Radfahren als eine ernstzunehmende Option angesehen wird. Mobilitätsmanagement verfügt über fundierte Analyseinstrumente, auf deren Grundlage passgenaue Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilitätssituation entwickelt werden können. Um die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zu fördern, bietet es sich beispielsweise an, die sogenannte „letzte Meile“ zwischen Bahnhof und Gewerbegebiet mit einem Bus-Shuttle zu überbrücken. Aufgrund des geringen Lohnniveaus können Zuschüsse zum Jobticket zudem eine starke Wirkung entfalten.


Fundierte Analyse wichtig, damit Veränderungen Wirkung zeigen
 

Wichtig ist allerdings auch, vorab herauszufinden, ob die Wohnorte der aktuellen und potentiellen Beschäftigten gut an öffentliche Verkehrsmittel angeschlossen sind. Bei der Radförderung kann es helfen, verkehrsarme Routen in das Gewerbegebiet zu recherchieren, mit Schildern zu kennzeichnen und zu bewerben. Fehlt an entscheidenden Stellen ein Stück Radweg oder gibt es zu wenig Straßenlaternen, lässt sich dies womöglich in Abstimmung mit der Kommune beheben. Eine gute Argumentationshilfe sind Analysen, die zeigen, dass es Beschäftigte bzw. potentielle Arbeitskräfte im Nahbereich gibt, die grundsätzlich Interesse haben, das Fahrrad für den Arbeitsweg zu nutzen.
 

Thema bereits in Planungsphase berücksichtigen


Noch mehr Einfluss kann Mobilitätsmanagement entfalten, wenn es gleich bei der Planung neuer Gewerbestandorte genutzt wird und nicht erst zum Beheben von Mobilitätsproblemen. So sollte von Anfang an auf eine möglichst gute Erreichbarkeit von Gewerbeflächen durch den Personenverkehr geachtet werden – etwa durch die Ansiedlung nah an einem Bahnhof, den Bau neuer Haltestellen und eine Zuwegung, die nicht nur LKWs, sondern auch Fußgänger und Radfahrer berücksichtigt und ihnen ausreichend Platz zur Verfügung stellt.

 

Weiterführende Informationen

 

Mobilitätsmanagement und Gewerbegebiete: „Die Projektergebnisse BMM Hoch Drei. Ergebnisse der Quartiere“, Prof. Dr.-Ing. Oscar Reutter, ab S. 32

Überbetriebliches Mobilitätsmanagement: „Erkenntnisse zu überbetrieblichem Mobilitätsmanagement aus dem Modellprojekt 3mobil (2014-2016)“, B.A.U.M. Consult GmbH